Soziale Gerechtigkeit

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Transparenz

Transparenz ist ein entscheidender Faktor zum Erreichen von sozialer Gerechtigkeit ist. Unter Transparenz wird hier verstanden, Fakten und Zusammenhänge klar und verständlich darzustellen und nicht zu verschweigen.

Warum ist Transparenz wichtig? Wir glauben, dass die wichtigen gesellschaftlichen Änderungen durch Verstehen und Einsicht erfolgen. Dafür ist Transparenz erforderlich.

Transparenz hat einen Widersacher: Verschleierung. Verstehen und Einsicht in veränderungsrelevante Zusammenhänge werden sehr erschwert und sind zum Teil kaum noch möglich, wenn Sachverhalte verschleiert sind.

Komplexität

Warum ist Transparenz so wichtig? Unsere Welt wird immer komplexer. Je komplexer ein Gebilde ist, desto schwieriger ist es, das Gesamtsystem gezielt zu steuern. Die Änderung einer Stellschraube im Gesamtgetriebe kann sich auf viele Bereiche auswirken. Das trifft insbesondere auf die Wirtschaft zu. Die Gesamtwirtschaft einer Gesellschaft hat Züge eines großen Organismus, der durch Regelmechanismen in einem Gleichgewicht gehalten werden muss.

Änderung des Leitzins als Beispiel ... mehr
Eine Änderung des Leitzinses, den die Zentralbanken festlegen[1], hat eine direkte Wirkung auf die Verzinsung von Sparguthaben bei Banken. Denn wenn die Banken günstig Geld bei der Zentralbank leihen können, macht es für sie keinen Sinn, den Kunden deutlich höhere Zinsen zu sparen. Indirekt hat diese Änderung wesentlich weitergehende Folgen, z.B. wirkt sich diese Entscheidung auf das Wirtschaftswachstum aus, denn geringe Zinsen erleichtern Investitionen. Damit wirkt es sich auch auf die Beschäftigung aus. Es wirkt sich außerdem auf die Höhe der Inflation und die Höhe der Renten aus.

Änderungen ohne ausreichendes Wissen sind gefährlich

Um Änderungen erfolgreich durchzuführen, muss die Problemlage erkannt werden und die wichtigsten Auswirkungen der Änderungsmaßnahmen müssen klar erkennbar sein. Gerade in komplexen Regelsystemen können bereits kleine Eingriffe starke Wirkungen entfalten, die sehr ungünstig sein können. Diese Systeme laufen häufig in einem fein justierten Gleichgewichtszustand. Die Störung dieses Zustandes kann drastische negative Auswirkungen haben. Um ein Systemverhalten erfolgreich zu ändern, gibt es zwei Strategien: Entweder müssen die Änderungen in sehr kleinen Schritten erfolgen, wobei die Auswirkungen genau beobachtet werden, oder die Zusammenhänge im System sind ausreichend klar, dann kann eine Änderung auch in größeren Schritten erfolgen.

Um Zusammenhänge in einem System klar zu machen und zu erkennen, ist Transparenz ein notwendiger Faktor. Damit wird auch einer „gefühlten Hilflosigkeit“ vorgebeugt, die sich in Einschätzungen äußert wie: „Es läuft zwar nicht gut, aber daran kann man leider nichts ändern.“

Verschleierung als zentrales Problem für Änderungen

Die Durchschaubarkeit der Systemzusammenhänge ist eine Voraussetzung für erfolgreiche Änderungen in einem System. Gegner der sozialen Gerechtigkeit können sich das zunutze machen, indem sie versuchen, die Zusammenhänge zu verschleiern. Diese Strategie ist sehr effektiv. Denn wie soll etwas geändert werden, wenn keiner es versteht?

Verschleierung ist vermutlich eines der Hauptprobleme, die das Umsetzen von Maßnahmen für mehr soziale Gerechtigkeit verhindern. Es gibt dabei unterschiedliche Punkte, die hier unter Verschleierung gezählt werden:

  • Fehlende Information.
    Wichtige Daten sind nicht verfügbar oder es ist zu schwer, an sie heranzukommen.
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    Ein Beispiel ist die Ungleichheit des Lohns von Männern und Frauen. Wenn die Höhe der Bezahlung offengelegt würde, wäre es viel einfacher, ungleiche Bezahlungen zu erkennen, und dagegen etwas zu tun. Dazu gibt es einen Gesetzesvorschlag zur „Förderung der Transparenz von Entgeltstrukturen“, der mit starken Widerständen zu kämpfen hat.[2]
  • Entscheidungsprozesse hinter verschlossenen Türen.
    Häufig nehmen an Entscheidungsprozessen nur Experten oder Lobbyisten teil. Bürger werden oft nicht ausreichend informiert. Über die Gründe hierfür lässt sich nur spekulieren. Möglicherweise nehmen einige Entscheider an, dass die Bürger so inkompetent sind, dass sie an den Entscheidungen nicht mitreden sollten, weil die Entscheidungen bei einer Bürgerbeteiligung nur schlechter würden. Darüber hinaus könnte ein wichtiger Grund sein, dass bestimmte Interessensgruppen (z.B. Wirtschaftsverbände) eine für sie günstige Regelung erreichen wollen.
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    Ein extremer Fall hierzu sind die Verhandlungen zu TTIP, bei denen Politiker und Wirtschaftslobbyisten systematisch versucht haben, die Öffentlichkeit auszuschließen, obwohl die Öffentlichkeit ein großes Interesse an den Verhandlungen hatte. [3]
  • Einseitige Gutachten oder Expertenmeinungen
    Bei schwierigen Zusammenhängen ist es sinnvoll, Experten zu befragen. Das Problem ist, dass viele Experten ihre Meinung und auch die Ergebnisse dem Auftraggeber der Studie anpassen. Außerdem besteht die Gefahr, Gutachten falsch oder einseitig zu interpretieren. Wichtig bei Gutachten und Expertenmeinungen ist daher, dass genau geprüft wird, ob die Experten wirklich unabhängig sind.
    Ein Beispiel für gegensätzliche Gutachten findet sich bei TTIP.
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    „Die vom Bundeswirtschaftsministerium beim ifo-Institut in Auftrag gegebene Studie zu den Auswirkungen des TTIP geht davon aus, dass TTIP in Europa bis zu 400.000 neue Arbeitsplätze schaffen kann – mindestens 100.000 davon in Deutschland.“[4]. Nimmt man zusätzlich noch andere Studien, dann sind die Vorhersagen jedoch sehr uneinheitlich. Eine Analyse von ZEIT ONLINE kommt beispielsweise zu dem Schluss: „Zusammenfassend kann man festhalten, dass selbst unter außerordentlich optimistischen Annahmen die erwarteten Wachstums- und Beschäftigungseffekte winzig sind.“[5]
  • Fehlende Klarheit bei der Faktendarstellung
    Je nachdem, welches Ziel verfolgt wird, können Fakten mehr oder weniger informativ dargestellt werden. Dies lässt sich an einem Beispiel zeigen.
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    Bei Renten oder Lohnsteigerungen wird der Zuwachs von den Medien meist nicht inflationsbereinigt dargestellt. Die Medien stellen hingegen das Wirtschaftswachstum fast ausschließlich inflationsbereinigt dar. Diese ungleiche Darstellung ist nicht sinnvoll, denn auch für Rentner oder Lohnempfänger zählt letztlich nur das preisbereinigte Wachstum. (siehe hierzu die Seite Denkanstöße: ‚Verschleierung vermeiden‘).
  • Panikmache
    Wenn größere Änderungen geplant sind, wird von den Gegnern gerne behauptet, dass nun besonders schlimme Folgen zu erwarten sind. Besonders beliebt ist die Warnung vor massiven Arbeitsplatzverlusten. Ein Beispiel bietet die Diskussion um den Mindestlohn.[6]
  • Fake News
    Auch erfundene Nachrichten können eine hohe Wirkung entfalten und werden gezielt eingesetzt. Selbst wenn später herauskommt, dass eine Nachricht falsch war, bleibt doch häufig etwas davon haften.[7]


Anmerkungen und Quellen:

[1] de.wikipedia.org/wiki/Leitzins

[2] „Kampf gegen die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern“ in Süddeutsche Zeitung, 10. Januar 2017, www.sueddeutsche.de/karriere/lohnungleichheit-kampf-gegen-die-lohnluecke-zwischen-frauen-und-maennern-1.3327090

[3] „Die dunkle Seite des Freihandelsabkommens: Wie TTIP unsere Rechte aushebeln wird - ohne dass wir es mitbekommen“ in Focus vom 20.11.2014, http://www.focus.de/politik/experten/joergens/die-dunkle-seite-des-freihandelsabkommens-wie-ttip-unsere-rechte-aushebeln-wird-ohne-dass-wir-es-mitbekommen_id_4283576.html.

[4] Zitat von der Website der DIHK: www.dihk.de/themenfelder/international/aussenwirtschaftspolitik-recht/handelspolitik/ttip/faq-ttip/wozu-brauchen-wir-ttip.

[5] „Mehr Wachstum durch TTIP ist ein Märchen“ vom 12.11.2014 in ZEIT ONLINE: www.zeit.de/wirtschaft/2014-11/ttip-freihandelsabkommen-arbeitsplaetze.

[6] „‚Durch den Mindestlohn drohen massive Arbeitsplatzverluste‘ - Ökonomen warnen Regierung vor dem französischen Abgrund“ in the Huffington Post vom 6.7.2014 www.huffingtonpost.de/2014/07/06/mindestlohn-arbeitsplatzverluste_n_5560902.html.

[7] „Im Netz der Lügen“ vom 22.11.2016 in ZEIT ONLINE. www.zeit.de/politik/deutschland/2016-11/fake-news-deutschland-geruechte-hoaxmap